Vergeben für mich selbst
Shownotes
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh
aus Kroppen
Vergeben fr mich selbst 23.07.2025
Warum soll ich vergeben? Am Ende hat er noch das Gefhl, es wre alles nicht so schlimm gewesen! Meine Gesprchspartnerin ist zornig. Sie hat als Kind massive Gewalt erlebt. Das beeinflusst ihr Leben bis heute. Nun hat jemand ihr gesagt: Du musst vergeben! Das regt sie auf. Das ist doch, als wre all das Unrecht, das er mir getan hat, nicht mehr wahr. Sie hat so lange gebraucht, bis sie sich selbst ihre Erinnerungen glauben konnte. Es gehrte zur Strategie des Tters, ihre Glaubwrdigkeit in Frage zu stellen und sie zu beschmen. Ihr Zorn hilft ihr, sich selbst ernst zu nehmen und ihre eigene Strke zu spren. Ihre Augen blitzen.
Warum also sollte sie vergeben? Heit Vergeben nicht auch Vergessen? Sie will und kann nicht vergessen. Zu schmerzlich sind die Narben an ihrer Seele. Wem aber ntzt es, wenn sie sich all das Schmerzliche, das sie erlebt hat, immer wieder in Erinnerung ruft? Das ist, als wrde sie die furchtbaren Dinge wie in einer Vitrine aufbewahren, sie immer wieder ansehen und hin und wieder rausnehmen und abstauben. Die Gefahr besteht, dass sie verbittert.
Ich sage ihr vorsichtig: Wenn du all das in deiner Seele aufbewahrst und immer wieder hervorholst, ist kein Raum fr die schnen Dinge, die das Leben dir bietet. Vergeben heit nicht vergessen! Das Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn es keine Macht mehr ber deine Seele hat. Vergeben bedeutet fr mich Loslassen. Ich nehme dem Bsen, das mir geschehen ist, die Macht ber mein Sein. Die Spuren bleiben, aber ich lasse es nicht mehr ber mein Leben bestimmen.
Nachdenklich sieht meine Gesprchspartnerin mich an. Ich tue das fr mich, vergeben?, fragt sie. Es ist zumindest eine Mglichkeit, damit du frei wirst, sage ich, Du lsst die Erinnerung los, lsst sie in der Vergangenheit. Vergeben heit fr mich: Ich benenne, was der oder die andere mir angetan hat. Ich lege die Last bei ihm oder ihr und bei Gott ab. Dann bin ich sie los. Ich befreie mich davon.
In der Bibel sagt Gott ber das Vergeben seinem Volk gegenber: Ich tilge deine bertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Snden nicht.
Wenn ich Menschen vergebe, tue ich das auch um meiner selbst willen. Ich entlaste mich von dem Bsen, das mir geschehen ist, damit meine Seele frei wird fr eine unbelastete Zukunft.
Ich habe lange gebraucht, um das zu verstehen, und muss es mir immer einmal wieder in Erinnerung rufen. Meine Gesprchspartnerin hat diese Anregung mitgenommen. Darber muss ich nachdenken, sagte sie Vergeben um meinetwillen Mal sehen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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